Wie man es auch nennt - die Hauptsache ist, wir sehen uns und können plaudern...
Im Jahre 723 kam Bonifatius hierher - vor 1.300 Jahren...
Am Sonntag, 1. September 2024, durften wir im Dom ein feierliches Pontifikalamt mit unserem Diözesanbischof Dr. Michael Gerber feiern.
Im Anschluss daran begrüßten Pfarrer Patrick Prähler und Bischof Dr. Gerber die Anwesenden. Denn die Domgemeinde und das Bistum Fulda hatten noch zu einem weitern Fest eingeladen, der offiziellen Eröffnung des Kreuzgangs. Die Bauarbeiten inkl. dder Restaurierung der uralten Fenster wurden erfolgreich beendet.
Es folgte eine Einführung durch Diözesabaumeister Dipl.-Ing. Martin Matl.
Und hier zum Nachlesen der Vortrag des verantwortlichen Architekten Herrn Dipl.-Ing. Hagen Sparbrodt zur
"Sanierung des Kreuzgangs am Dom zu Fritzlar" (Herzlichen Dank dafür!)
Hochwürdigster Herr Bischof,
Herr Pfarrer,
meine Damen und Herren,
…was sind zwei Jahre Sanierung des Kreuzgangs in der langen Geschichte des Doms zu Fritzlar? Selbst wenn man die davor liegende Zeit der Sanierung des Stiftsgebäudes hinzurechnet, steht es immer noch fünf zu eintausend. Trotzdem wird ein nicht zu kleiner Teil der von Herrn Pfarrer Prähler zum Ausdruck gebrachten Freude über den gelungenen Abschluß der Bauarbeiten auch der Tatsache geschuldet sein, diese Zeit hinter sich zu lassen und sich wieder einem ohnehin gut gefüllten Alltag zuwenden zu können.
Für alle, die mitgewirkt haben - ob
mit dem Kopf, mit den Händen oder auch durch pures „Aushalten“, fühlen sich
diese zwei Jahre trotzdem wie eine durchaus längere Zeit an. Viele kleine Dinge
waren notwendig, um zu diesem jetzt fertigen Ergebnis zu kommen und auf drei
dieser kleinen Dinge möchte ich Ihre Aufmerksamkeit lenken.
Wenn wir im Anschluß gemeinsam in den
Kreuzgang gehen und uns in seinem Innenhof versammeln, werden sie zum Beispiel
dessen zum Hof gerichtete Fassaden betrachten können. Wenn alles richtig
gelaufen ist, suchen Sie dann vergeblich nach Spuren der vorangegangenen
Arbeiten. Denn die hier beauftragten Handwerker hatten die Aufgabe, das
mittelalterliche Quadermauerwerk und seine Mörtelfugen möglichst schonend und
ohne Veränderung des Erscheinungsbildes für die nächsten Jahrzehnte oder besser
Jahrhunderte fit zu machen. Aber auch wenn man es vielleicht erst mit dem
zweiten Blick sieht, mußte jeder Meter Fuge, jede geschädigte Steinpartie mit
vorsichtigen Händen und Werkzeugen bearbeitet werden. Besonders stark
geschädigte Steine mußten ersetzt oder durch passgenaue Füllungen ergänzt
werden. Und dann stellen Sie sich bitte vor, dass dies nicht nur bei schönstem
Wetter wie heute, sondern auch bei fünf Grad, Regen und mit klammen Fingern
genauso gelingen muß und bei der Abnahme niemand danach fragt, wie anstrengend
und unangenehm Tage und Wochen in einem zugigen Innenhof sein können. Mein
größter Respekt gilt daher den Steinmetzen der Firma Denkmalpflege Mühlhausen,
denen wir dieses wunderbare Ergebnis verdanken.
Ganz ähnliches haben die Fenster des
Kreuzgangs und ihre Bleiverglasungen in den letzten Monaten erlebt. In der
nüchternen Fachsprache der Glasrestaurierung heißen diese Arbeiten „flächige
Abnahme der lockeren Schmutzschicht mit Schwamm (keine Stahlwolle)“ und
„Verkrustungen mit Lösemittelkompressen und Wasser/ Ethanol- Gemisch 3:1
anweichen und mit Skalpell ausdünnen“. Was sich darunter vorstellen müssen, ist
schlicht und einfach ein wochenlanges Bearbeiten jeder einzelnen kleinen
Scheibe mit größter Vorsicht, mit Bürsten in der Größe von Zahnbürsten und
unendlicher Geduld. Und wenn sie dann als Restaurator nach der ersten
Bemusterung zu hören bekommen, daß das bisherige Ergebnis noch lange nicht an
den gewünschten Zustand heranreicht- dann dürfen sie diese Geduld nicht
verlieren, sondern müssen mit noch größerer Sorgfalt weiterarbeiten. Immerhin
haben sie dabei gegenüber den Steinmetzen den Vorteil einer trockenen und
beheizten Werkstatt. Die zarten noch erhaltenen Farben der historischen
Verglasungen sind jetzt wieder sichtbar und verleihen dem Inneren des
Kreuzgangs bei der passenden Sonnenausrichtung eine ganz neue Lebendigkeit-
Dank der Geduld und Sorgfalt der Glasrestauratoren aus den Glaswerkstätten
Schneemelcher in Quedlinburg.
Die dritte Kleinigkeit sind die ungefähr eintausend Meter Gewölberippen und Gurtbögen des Kreuzgangs. Immerhin dürfen sie als Handwerker dafür eine größere Bürste und auch eine Maschine benutzen. Im Unterschied zum allseits bekannten „Hochdruck- Wasserstrahl“ heißt diese allerdings „Niederdruck- Heißdampf“ und in etwa so groß ist auch der Unterschied in der Wirkungsweise. Zusätzlich verbringen sie fast die gesamte Zeit auf einem Gerüst und bewegen sich dort wegen der Gewölbeform auf den Knien, in der Hocke oder gebückt. Alle beim Reinigen als schadhaft erkannten Füllungen müssen sie ähnlich wie beim Zahnarzt durch möglichst unauffällige neue Füllungen ersetzen. Und wenn sie dann zum Feierabend Werkzeug und Gerät zurück in die Werkstatt gebracht haben und ihrem Chef von der Zahl der bewältigten Meter berichten, legt der die Stirn in Falten und überlegt ob und inwieweit die Meterzahl noch zum Angebot paßt und läßt sie das auch spüren. Am nächsten Tag bekommen sie dann Besuch von Denkmalpflege, Bauherr und Architekt und man erklärt ihnen, daß die eine oder andere Füllung gar nicht unbedingt ersetzt werden müsse sondern einige Zahnlücken durchaus dem gewünschten Erscheinungsbild zuträglich seien. Man diskutiert mit ihnen über die maximale Größe und über die Lage dieser Zahnlücken und schickt sie dann wieder an die nächsten hundert Meter Gewölberippe. Wenn sie also nachher im Kreuzgang ihren Blick nach oben richten, denken sie an die Mühen und das Geschick der Handwerker der Firma Schalles Malerwerkstätten aus Kassel und freuen sie sich über den alten und neuen Kreuzgang.
Drei Namen möchte ich noch nennen,
ohne die all das nicht entstanden wäre. Mein namentlich in der Chronik nicht
benannter, vor tausend Jahren tätiger Kollege war noch Baumeister und konnte
quasi alles allein. Er hat wahrscheinlich damals dem Steinmetz gezeigt, wie er
auf dem Reißboden die Maße der Fensterprofile übertragen solle oder hat
gemeinsam mit dem Glaser den Mörtel für die Fensterfugen angesetzt und die
richtige Zusammensetzung am Geschmack erkannt. Kein Architekt würde sich heute
allein an eine solche Aufgabe wagen, im Gegenteil- jeder Bauherr würde ihn
wegschicken und seine Haftpflichtversicherung würde ihm grobe
Pflichtverletzungen unterstellen. Ohne ein Team aus Fachleuten entsteht heute
kein Bauwerk, sind die Vielfalt der Vorschriften und Anwendung der jeweils
neuesten Techniken nicht beherrschbar. Deshalb möchte ich den Beitrag des Diplom-Restaurators
Hanno Born würdigen, der den Bauherrn und mich mit seinen fundierten
Kenntnissen, mit geschichtlichen Hintergründen und der fachlichen Anleitung der
Handwerker perfekt unterstützt hat. Gleiches gilt für die Diplom-Restauratorin
für Glasmalerei Nicole Sterzing, die nicht nur fachliche Begleitung der
Glasarbeiten übernommen hat, sondern zum Beispiel die besonders sehenswerten
mittelalterlichen Fenster der Allerheiligenkapelle eigenhändig restauriert hat.
Erinnern möchte ich auch an das Wirken des leider verstorbenen Prof. Dr. Peer
Zietz. Als Vertreter der Landesdenkmalpflege hat Herr Prof. Zietz alle
denkmalrelevanten Entscheidungen gelenkt, ohne Dogmatik und ohne die heute
wieder übliche strikte Reglementierung. Er hat durch seine verbindliche
Kommunikation die Richtung vorgegeben für alle nachfolgenden Diskussionen. Ihm
verdanken wir die Möglichkeit, das Stiftsgebäude und den Kreuzgang zu neuem
Leben zu erwecken- nicht zuletzt durch seine Unterstützung bei den vielen
Antragsverfahren für die Förderung der Baumaßnahmen durch die Zuschüsse aus
Programmen des Landes Hessen und des Bundes.
Ich wünsche der Kirchengemeinde und besonders Ihnen, Herrn Pfarrer Prähler, viel Freude an diesem sehenswerten Hintergrund Ihres Alltags und hoffentlich viel Lob und Anerkennung von den Besuchern von Dom und Museum. Und auch wenn die Gründung des Dombauvereins darauf hindeutet, daß sie vom Bauen nicht lassen wollen, genießen Sie ein paar Jahre ohne störende Bauarbeiten, ohne Schmutz und ohne Lärm in der stillen Atmosphäre des Kreuzgangs.
Als Abschluss der Feierlichkeiten gab es für alle, die von Nah und Fern angereist waren, einen Empfang im Grashof, der durch den Dombauverein gestaltet wurde. Narürlich stand auch eine Spendenbox bereit mit der Bitte um Unterstützung auch der zukünftigen Arbeiten zum Erhalt unserer Basilika minor.
Herzlichen Dank an alle, die zum guten Gelingen der Arbeiten und der heutigen Feier beigetragen haben!!!
© St. Peter, Fritzlar