Schillers Figuren stellen sich einer strengen Jury

Stiftsschüler führten das Stück "Deutschland sucht den Schillerstar" auf

Amöneburg. Die Theater AG der Stiftsschule präsentierte in der Aula eine ausgewogene Mischung aus satirischer Interpretation des Starkults und einer Nachlese zum Schillerjahr.  
Die 25 Schüler begeisterten die Zuschauer mit dem Stück "Deutschland sucht den Schillerstar". Deutschland ist auf der Suche. Trotz Streiks und Vogelgrippe lässt Deutschland nicht den Kopf hängen, sondern ist auf der Suche- aber nicht etwa nach neuen gesellschaftspolitischen Lösungen. Zurzeit ist es etwas Anderes, was die Nation bewegt. Es geht nicht um die Vorbereitungen zur Fußball-WM und auch nicht um die heiß debattierten Mohamed-Karikaturen. Für viele Menschen geht es um etwas Wichtigeres, nämlich um die Wahl eines neuen Superstars. Dieser künstlich hervorgerufene Starkult veranlasste Amöneburger Schüler über dieses Phänomen nachzudenken und es in einer eigenen Show7 satirisch überspitzt zu reflektieren. Ein wirklicher Star stand im Mittelpunkt des Geschehens: Friedrich von Schiller.
"Schiller ist bekannt für seine Liebesszenen. Seine Liebespaare sind zum Scheitern verurteilt. Es sind gebrochene Figuren, und dies lässt sich gut in den einzelnen Liebesszenen erkennen", erklärt Stefan Völker, Leiter der Theatergruppe. Und um Schillers Liebespaare drehte sich auch alles an diesem Abend. Die Figuren waren Amalia und Franz (Simone Klingelhöfer und Benedikt Naglik sowie Alexandra Euler und Raphael Gerdes) aus "Die Räuber", Luise und Ferdinand (Tamara Klingelhöfer und Hans Diehl) aus "Kabale und Liebe", Julia und Fiesco (Anna Jüngst und Peter Kraus) aus "Die Verschwörung des Fiescos zu Genuas" und der Marquis von Posa und Don Carlos (Jan-Niklas Rausch und Nils Waldhüter) aus "Don Carlos, Infant von Spanien".
Um der textlichen Schwere eine künstliche Leichtigkeit entgegen zu setzen, wurde die Bühnendekoration der RTL-Show "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) nachempfunden. Auch das Auftreten von zwei Moderatoren (Linda Scheunemann und Benedikt Fischer), die mit ihrem gekünstelten Auftreten sehr nah an die RTL-Originale herankamen, sowie die Kommentare einer aus Schaufensterpuppen bestehenden Jury, erinnerten stark an den Ablauf der RTL-Show. "Karl, du alter Revoluzzer, wer trägt denn heute noch solche Halstücher?", kommentierte Jurymitglied Dieter den Auftritt von Raphael Gerdes.
Anders als bei DSDS ging an diesem Abend aber kein Teilnehmer weinenden Auges nach Hause. Alle wurden zu Schillerstars und -Sternchen gekürt. , Und für die Zuschauer stellt sich nun die Frage, ob der Starkult ein glückliches Ende nehmen wird, oder ob das Star-System, wie Schillers Liebespaare, vielleicht doch zum Scheitern verurteilt ist.

06.03.2006