In der Stadt Walldürn im Odenwald wird in der Wallfahrtskirche in einem Silberschrein über dem Blutaltar ein Leinentüchlein (Korporale) aufbewahrt, das von dem Priester Heinrich Otto als Unterlage für Kelch und Hostie im Gottesdienst im Jahre 1330 benutzt worden war. Während der Messe hatte dieser aus Unachtsamkeit den Kelch mit dem konsekrierten Wein umgestoßen, der sich auf das Korporale ergoss. Es zeichnete sich das Bild des Gekreuzigten, umgeben von elf "Veronicae" (das dornenumwundene Haupt Christi) ab.
Heinrich Otto versteckte voll Schrecken das Leinentüchlein unter der Altarplatte und erst auf dem Sterbebett gestand er das Geheimnis des verborgenen "blutigen Korporales".
Schnell verbreitete sich die Nachricht von diesem Zeichen, das Gott in Walldürn bewirkt hatte, und die ersten Pilger kamen zur Verehrung des kostbaren Blutes unseres Herrn Jesus Christus nach Walldürn. Im Jahre 1408 wurde das Kelchtuch dem zuständigen Fürstbischof von Würzburg, Johann I. von Egloffstein, zur Prüfung und Genehmigung der Wallfahrt vorgelegt und im Jahre 1445 zu Papst Eugen IV. nach Rom gebracht, der eine Ablassurkunde ausstellte, die die Abbildungen erwähnt. Die ersten großen Wallfahrten sind um 1456 bezeugt, Papst Urban VIII würdigte die Wallfahrt und bat um das Gebet der Pilger für die Einigkeit der christlichen Völker.
Um das Jahr 1920 wurde ein weißes Schutztuch aus Leinen hinter dem Korporale befestigt. Als man nun am 23. März 1950 das Schutztuch mit einer QuarzIampenbestrahlung untersuchte, wurde auf ihm eine Vergilbung sichtbar, die das Bild des gekreuzigten Heilands umriss. Fachleute sind der Ansicht, die Gestalt des im Gewebe des Korporale vor Jahrhunderten vertrockneten Weines habe das Durchströmen des Lichtes so behindert, dass im Laufe von drei Jahrzehnten sich diese Vergilbungsumrisse auf dem Schutztuch abzeichnen konnten. Im Jahre 1962 hat Papst Johannes XXIII. die barocke Wallfahrtskirche zur Basilika minor erhoben.
Die jährliche Hauptwallfahrtszeit erstreckt sich über vier Wochen und beginnt immer am Sonntag nach Pfingsten mit dem Fest der Heiligen Dreifaltigkeit. In dieser Zeit kommen rund hundert Fußwallfahrtsgruppen nach Walldürn, die oftmals mehrere Tage unterwegs sind, wie wir Pilger der Fulda Eichsfelder - Baunataler Fußprozession.
Im Pestjahr 1682 legten die Bewohner von Küllstedt im Eichsfeld das Gelübde ab "zur Versöhnung des Allerhöchsten eine Buß-Wallfahrt nach Walldürn zur Verehrung des "heiligen Blutes Jesu Christi" durchzuführen. Die erste Wallfahrt ist für den 3. Pfingsttag 1683 (8. Juni) belegt. 18 Tage, später 15 Tage, waren die Pilger hin und zurück zu Fuß unterwegs. Im Jahre 1706 schlossen sich die Eichsfelder und die Fuldaer Walldürnpilger zusammen. An der Wallfahrt nehmen auch eine große Zahl Pilger aus Unterfranken und aus Orten am Wallfahrtsweg teil.
Die Wallfahrt "Zum Heiligen Blut" wird seit ihrer Entstehung jährlich ohne Unterbrechung durchgeführt. Weder Strafen, Gefängnis, Krieg, Hunger und Seuchen konnten die Pilger abhalten, ihren Weg zu gehen. Im Jahre 1861 kenterte eine mit Pilgern besetzte Fähre zwischen Retzbach und Zellingen im Hochwasser führenden Main. Wie durch ein Wunder wurden alle Wallfahrer gerettet. Ab dem Jahre 1892 benutzten die Eichsfelder die Bahnverbindung für die Strecke von Eschwege nach Fulda und die eigentliche Wallfahrt begann in Fulda.
Besonders beschwerlich waren die Wallfahrten während der Weltkriege. Es waren überwiegend Frauen, die die Sorgen und Nöte in dieser Zeit mit auf den Weg nahmen. Später verhinderte die Grenze zur DDR, dass die Wallfahrer aus dem Eichsfeld als geschlossene Gruppe nach Walldürn wallen konnten. Trotzdem nahmen unter erschwerten Bedingungen, meist Rentner, heimlich an der Fußprozession ab Fulda teil.
Seit dem Jahre 1979 hat sich eine eigenständige Gruppe aus dem Norden der Diözese Fulda mit Ausgangspunkt Baunatal auf den Weg zum Bonifatiusgrab nach Fulda gemacht und sich von dort der Walldürnwallfahrt angeschlossen. Nach der Grenzöffnung im November 1989 kommt seit dem Jahre 1990 wieder eine eigenständige Pilgergruppe aus dem Eichsfeld und führt das einstmals gegebene Gelübde fort.
Hatte die Pilgerzahl seit dem Jahre 1945 zwischen 9 und 429 Pilgern gelegen (Ausnahme 1947 - 1100 Pilger), so stieg sie ab dem Jubiläumsjahr 1981 (275 Jahre Walldürn - Wallfahrt) kontinuierlich an und liegt zurzeit bei ca. 1000 Wallfahrern, sowohl beim Abgang der Fußprozession in Fulda als auch bei der Ankunft in Walldürn. Erkennbar hat die Zahl der jungen Pilgerinnen und Pilger stetig zugenommen.