Wir, Karl, durch Gottes Gnade König
der Franken und Langobarden sowie 
Schutzherr der Römer, haben Abt 
Baugulf samt der ganzen 
Mönchsgemeinschaft, unseren getreuen 
Fürsprechern im Gebet, einen 
herzlichen Gruß gesandt

	
Bekannt gemacht sei daher Eurer Gott 
gefälligen Frömmigkeit: W haben es 
zusammen mit unseren Getreuen für 
nützlich befunden, daß in allen Klöstern, 
die uns durch Christi Gunst zu leiten 
anvertraut sind, neben der 
Lebensführung nach der Ordensregel 
und der Hingabe an die heilige Religion 
auch noch auf das Lernen der 
lateinischen Sprache diejenigen, die kraft 
einer Gabe des Herrn lernen können, im 
Maß der Lernfähigkeit eines jeden Eifer 
legen sollen; und zwar in der Art, daß, 
wie die Vorschrift der Regel das einem 
Mönch geziemende Verhalten festlegt, 
die Beharrlichkeit im Lehren und Lernen 
auch die Verwendung der Wörter
festlegt und schmückt, damit diejenigen, 
die Gott zu gefallen streben durch 
richtiges Leben, ihm durch richtiges 
Sprechen ebenfalls zu gefallen nicht 
vernachlässigen. Geschrieben steht 
nämlich: „Entweder wirst Du nach 
deinen Worten für gerecht befunden, 
oder du wirst nach deinen Worten 
verurteilt.“ Obwohl es nämlich besser 
ist, gut zu handeln als Bescheid zu 
wissen, ist dennoch das Bescheidwissen 
früher als das Handeln.

	
Es soll aber jeder lernen, was er
auszuführen wünscht, damit seine Seele 
in dem Maß tiefer das, was er tun soll, 
erfasse, in dem beim Lob des 
allmächtigen Gottes die Sprache ohne 
Anstoß an Fehlern fließt. Denn da 
feststeht, daß alle Menschen Irrtümer 
meiden müssen, müssen um so mehr 
jene sie nach Möglichkeit umgehen, die 
als allein dazu auserwählt angesehen 
werden, daß sie in besonderer Weise der 
Wahrheit dienen sollen.

	
Denn da uns in diesen Jahren von
einigen Klöstern öfters Schreiben 
zugeleitet wurden, in denen 
aufgezeichnet wurde, worum für uns die 
dort lebenden Glaubensbrüder in 
heiligen und gottesfürchtigen Gebeten 
kämpfen, sind wir in den meisten 
genannten Aufzeichnungen dieser 
Klöster zwar auf die richtigen 
Gebetsanliegen, aber ungepflegte 
Ausdrucksweise gestoßen; denn was 
gottesfürchtige Frömmigkeit im Innern 
in Treue immer wieder vorsagte, das 
vermochte nach außen eine wegen der 
Vernachlässigung des Lernens 
ungepflegte Sprache nicht tadelsfrei 
auszudrücken. Daher kam es, daß wir zu 
fürchten begannen, daß vielleicht in dem 
Maß, in dem die Fertigkeit im Schreiben 
geringer war, auch die Fähigkeit zum 
Verständnis der heiligen Schriften um 
vieles geringer wäre, als sie richtiger 
Weise hätte sein sollen. Und wir alle 
wissen genau, daß, obwohl Irrtümer in 
den Wörtern gefährlich sind, Irrtümer in 
der Auffassung um vieles gefährlicher 
sind.

	
Daher mahnen wir Euch, das Bemühen
um die lateinische Sprache nicht nur 
nicht zu vernachlässigen, sondern sie in 
demütigster und Gott gefälliger 
Gesinnung zu dem Zweck eifrig zu 
lernen, daß Ihr leichter und richtiger in 
die Geheimnisse der göttlichen Schriften 
eindringen könnt. Da nämlich auf den 
heiligen Seiten Redewendungen, 
Stilfiguren, Metaphern und ihnen 
ähnliches eingestreut gefunden wird, hat 
niemand Zweifel daran, daß jeder, der 
sie liest, um so schneller ihren Sinn 
versteht, je früher er durch Unterricht in 
geschriebener Sprache breiter 
ausgebildet worden ist. Solche Männer 
aber sollen für diese Aufgabe ausgewählt 
werden, die den Willen und die Fähigkeit 
zu lernen sowie den Drang, andere zu 
unterrichten, haben. Und das Ganze 
möge mit solcher Intensität betrieben 
werden, mit welcher Gottesfurcht es von 
uns vorgeschrieben wird. Wir arbeiten 
nämlich darauf hin, daß Ihr, wie es sich 
ziemt, als Streiter der Kirche sowohl im 
Innern gottesfürchtig als auch nach 
außen gelehrt seit, (d. h.) zuchtvoll 
aufgrund guter Lebensführung als auch 
gebildet aufgrund guter 
Sprachbeherrschung, damit jeder, der 
Euch wegen des Namens des Herrn und 
der Erhabenheit des Verweilens an 
heiliger Stätte zu sehen aufsucht, so, wie 
er, wenn er Euch gesehen hat, von 
Eurem Anblick erbaut wird, dadurch, 
daß er Euch gehört hat, auch durch 
Eure Weisheit, die er beim Vorlesen 
oder Singen vernommen hat, 
unterrichtet wird, und wer nur zum 
Sehen gekommen war, der möge, durch 
Auge und Ohr unterrichtet, dem 
allmächtigen Gott dankend in Freude 
wieder nach Hause gehen.

	
Damit das getan wird, mahnen wir, daß
keiner der Mönche außerhalb des 
Klosters Schlichtungstermine abhalte 
und auch nicht ständig wegen 
Gerichtstagen und -versammlungen 
unterwegs sei.