| Das erste sichere Zeugnis für eine Schreibschule im Kloster Fulda ist fünfzig Jahre jünger als das Kloster selbst: die Handschrift der Admonitio Generalis. Die sorgfältige, kunstvolle Schrift, in der sie geschrieben ist, orientiert sich an südenglischen Vorbildern. Mönche, die in dieser Schrift schrieben, lebten im Kloster Fulda seit dessen Gründung. Die ersten Bücher der Kloster- bibliothek waren ebenfalls in einer ähnlichen Schrift geschrieben. Lehrer und Beispiele führten also dazu, daß eine für Fulda charakteristische Schrift dieses Typs entstand. Sie war bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts in Gebrauch. Vermutlich unter Abt Ratgar begannen Mönche in einer neuen, leichter lesbaren Schrift zu schreiben, die ganz aus Kleinbuchstaben gebildet wurde. Nach Kaiser Karl dem Großen, der mit seiner Kultupolitik daran beteiligt war, diese Schrift durchzusetzen, wird sie karolingische Minuskel genannt. Über mehrere Jahrzehnte waren in der Schreibschule des Klosters beide Schriften nebeneinander in Gebrauch. Die ersten Benutzer der in der Schreibschule hergestellten Handschriften waren die Mönche selbst. Sie brauchten Bücher für ihre Gottes- dienste sowie für die Unterweisung im klösterlichen Leben. Bücher waren die Grundlage des Unterrichts und der Bibelaus- legung. Zumal unter Abt Hrabanus Maurus wurde die Klosterbibliothek in kürzester Zeit zu einer der bedeutendsten Bibliotheken des Karolingerreiches erweitert. Über den Kreis der klösterlichen Benutzer hinaus fertigten die Fuldaer Mönche aber auch Abschriften für befreundete Mönche und Kleriker sowie auf Bestellung anderer Klöster an. So trugen sie zur Verbreitung der Texte bei, die die Grundlage ihrer religiösen und politischen Überzeugungen darstellten. Je vollkommener die Mönche der Schreibstube ihr Handwerk beherrschten, desto mehr durfte sich geehrt fühlen, wer von ihnen eine Handschrift zum Geschenk empfing. Sorgfältig geschriebene und verzierte Codices wurden schon früh den Mächtigen, Bischöfen und Herrschern, gewidmet. Bibelhandschriften und liturgische Handschriften wurden zudem mit kostbaren Miniaturen ausgestattet, die in der Malschule des Klosters angefertigt wurden. |